Heute wird es mal etwas persönlicher.. ein Thema, welches immer noch gerne totgeschwiegen wird, obwohl es mittlerweile so viele Menschen betrifft.. ich erzähle mal ein bisschen über mein letztes Jahr (bis heute).
Ende 2013 merkte ich, dass ich morgens nicht mehr hoch kam, mich schwer aufraffen konnte, meine Arbeit, die mir sonst extrem viel Spaß gemacht hat, wo ich mich vom Alltag erholen konnte, habe ich nur noch ungern gemacht, meine Stimmung war allgemein deutlich schlechter, mein Gewicht, was ich mir so toll erarbeitet hatte, ging langsam aber ständig wieder hoch, ..
Anfang Januar 2014 ging es langsam bergauf. Dachte ich! Urlaub für Mai gebucht: 1 Woche Tunesien (Hammamet) All-in und
3 Wochen Mutter-Kind-Kur auf Fehmarn! Juhu!
Angekommen auf Fehmarn, gleich der erste Dämpfer! Ein handfester depressiver Schub. Fast keine Erholung, von einem Termin zum Nächsten gehetzt, hatte viele der Anwendungen und Termine abgesagt, weil es mir nicht gut ging und der Druck es nicht besser gemacht hat. Hab von der Therapeutin von Ort die
"Diagnose" HSP mit auf den Weg bekommen. Habe mich da etwas eingelesen und erkenne mich da leider mehr als gut wieder..
Fazit der Kur: Als ich nach 3 Wochen nach Hause gefahren bin, war ich urlaubsreifer als zuvor.. Kur für mich sinnlos.
Arbeitstechnisch hatte mich dann von Februar bis Mai so durchgeschlagen. Immer im Hinterkopf, dass es Mitte Mai endlich in meinen allerersten und langersehnten Urlaub ging! Fast 30 Jahre hatte es bis hierhin gedauert!
Aber immer wieder hatte mein Körper mir Signale gesendet (in Form von div. Erkrankungen wie zB. [Lungenentzündungen, entzündete Mandeln, Blasenentzündungen, Durchfallerkrankungen, usw. ..]), dass ich einen Gang runter fahren sollte, habe sie aber ignoriert, war fast mit keiner Sache beim Arzt und es einfach ausgesessen.
Im Mai war es dann endlich so weit, dass der Urlaub kam. 2-3 Tage vorher hatte ich mich noch extrem blöd "lang gelegt", als ich mit meinem Sicherheitsschuh an einem schief stehenden Pflasterstein hängengeblieben war. Muskelzerrung im Arm! KLASSE!
Samstags dann mit dem völlig überfüllten Zug nach Düsseldorf zum Flughafen gefahren und all den Stress im Flugzeug von mir abfallen lassen. Ich habe den Urlaub unheimlich genossen! Ich musste nichts machen. Nicht kochen, nicht putzen, die Kinder waren großartig von der Animation betreut, da musste ich nur zwischendurch mal mit einem Auge drauf werfen oder mit einem mahnenden Wort dazwischen funken. Ich habe gemacht was und wann ich es wollte. Wir haben am Pool gelegen, waren Schwimmen, .. perfekt! Diese eine Woche All-in hat mir mehr gegeben, als die 3 Wochen Kur im Januar.
Leider kam es, wie es kommen musste.. es war irgendwann so weit, dass der Urlaub endete und ich nach Hause musste. Aber ich wollte nicht! Samstagsabends zu Hause angekommen, überkam es mich dann. Den restlichen Abend + den kompletten Sonntag hatte ich heulend auf dem Sofa verbracht. Ich war so traurig, so enttäuscht, der Urlaub war viel zu kurz, .. kurzum: Ich bin in ein tiefes Loch gefallen. Die Kinder und der KV standen nur da und wussten nicht, was sie machen, wie sie mich aufbauen sollten.. alle waren überfordert. Auch ich! So schlimm war es das letzte Mal im Mai 2011, als der KV sich von mir getrennt hat. 3 Jahre später überkam es mich also wieder..
Ich habe mich wochenlang nur zur Arbeit geschleppt, konnte auch da nicht an mich halten, habe viel am Arbeitsplatz geweint und anstatt besser, wurde alles nur noch schlimmer. Mobbing am Arbeitsplatz kam dazu bzw. war schon seit Ende 2013 da, ich habe es aber erst nicht erkannt oder wollte es einfach nicht erkennen. Das war ein schleichender Prozess.
Eine liebe Arbeitskollegin empfahl mir dann ihre Traumatherapeutin die sich gleichzeitig auch auf Essstörungen spezialisiert hatte, ich habe angerufen und relativ schnell, für 1,5 Wochen später, einen Termin bei ihr bekommen. Leider muss man einen Eigenanteil zahlen und die Therapiestunden von der Krankenkasse genehmigen lassen. Aber der Beratungstermin war ziemlich gut und ich war voller Hoffnungen.
Wir stellten den Antrag bei der Krankenkasse und ich bekam 10 Stunden im Wert von 800€ genehmigt. Puh!
Zwischenzeitlich rief mich mein Chef zu sich (ich wollte nur die Zeit bis zu meinem Sommerurlaub irgendwie überbrücken) und sprach mich auf die Depressionen an.. dass er nicht wüsste, wie er mit mir und der Situation umgehen sollte, die Kolleginnen wären auch mit ihrem Latein am Ende und da ich nicht freiwillig zum Arzt gehen würde, würde er mich jetzt nach Hause schicken (es war Mittwoch Mittag) und wollte mich bis mind. Freitag nicht mehr bei der Arbeit sehen.
Ich war also zwecks Krankschreibung, da sonst Verdienstausfall, dazu gezwungen, mir für den Donnerstag einen Termin beim Hausarzt geben zu lassen.
Donnerstags beim Hausarzt wurde ich freundlich empfangen. Der kannte mein Problem ja schon länger. Er hat mich direkt 2,5 Wochen aus dem Verkehr gezogen, mich aber eindringlich gebeten, mir in der Zeit Hilfe bei einem (neuen) Neurologen zu suchen. Die alte Neurologin von vor 3 Jahren taugte in meinen Augen nichts. So lange gab es ein Antidepressivum von ihm für den Übergang.
Der Neurologentermin war leider erst etwas später in meinem Sommerurlaub (in der Zeit davor war ich weiterhin arbeiten), weil die völlig überfüllt sind. Der Tipp kam aber auch von der lieben Kollegin mit den Depressionen und so nahm ich die Wartezeit in Kauf.. und ich muss sagen: Es hat sich definitiv gelohnt! Sie hat sich Zeit für mich genommen, gezielt fragen gestellt, mir ein neues AD verschrieben, weil das vom Hausarzt nicht die gewünschte Wirkung brachte, wollte mich direkt krank schreiben.. das habe ich aber abgelehnt, weil ich kurz vor Urlaubsende stand und nicht direkt wieder fehlen wollte.. war dann nach dem Urlaub zwei Wochen arbeiten und hab seelisch gelitten ohne Ende.. Mobbing, Strafarbeiten, Ignoranz von div. Seiten, dumme Fragen der anderen Mitarbeiter die einiges mitbekommen haben, usw..
Ende August bin ich dann nervlich zusammen gebrochen.
Bin auf meinem Geburtstag wieder zur Neurologin, ohne Termin, um mir eine AU zu holen. Mittlerweile war es so schlimm, dass ich die ganze Woche über Magenkrämpfe und Durchfälle hatte, wenn ich nur daran dachte, wieder zur Arbeit fahren zu müssen. Die Wochenenden über war alles ok, bis es Sonntagabend wurde, dann ging alles wieder von vorne los. So wollte ich meinen 30. Geburtstag garantiert nicht verbringen!
Sie schrieb mich gleich bis Ende September krank! Meine Dosis AD wurde verdoppelt, ich habe Adressen für andere Therapeuten bekommen (die auf Depressionen und Trauma spezialisiert sind) und soll mich da noch um einen neuen Platz bemühen. Sie würde mich unheimlich gerne Stationär irgendwo hinschicken, das geht aber der Kinder wegen nicht. Außerdem bekam ich einen Folgetermin für Ende September, weil die Krankschreibung in ihren Augen noch nicht zu Ende ist..
Was habe ich in der Zwischenzeit noch gemacht?
- Ich war beim Betriebsrat. Die wollen mir helfen, wollen sich erkundigen und ich soll mit meinem Chef kein Gespräch mehr unter 4 Augen führen, immer eine Person mitnehmen, der ich vertraue. Hat niemand Zeit, dann soll ich beim Betriebsrat anklopfen.
Da ich seit kurz nach dem Gespräch nicht mehr in der Firma war, kann ich dazu allerdings nicht mehr viel dazu sagen. Es kam nicht zu einem Zweitgespräch.. leider.
Traue mich aber auch nicht während der Krankmeldung das Gebäude zu betreten, um den Betriebsrat aufzusuchen. Es weiß auch Niemand, dass ich da war. Was, wenn mir in dem Moment mein Chef in die Arme läuft?
- Ich habe versucht einen Termin beim
Jobcenter zu bekommen, das gestaltet sich allerdings schwieriger, als ich dachte. Bin da jetzt arbeitssuchend gemeldet, muss div. Formulare ausfüllen und zurück senden und dann darf ich tatsächlich Anfang Oktober zu einem Termin erscheinen! Die Angst, eine 3-monatige Sperren beim Arbeitsamt zu bekommen, sollte ich selber kündigen, wurde mir von der Dame am Empfang allerdings gleich genommen. Es gibt Formulare die ich mir holen kann, die müssen Therapeutin und/oder Neurologin ausfüllen, wenn sie der Meinung sind, dass der Arbeitsplatz nicht mehr tragbar ist für mich und meine Gesundheit. Dann prüfen die das und mit etwas Glück fällt die Sperre damit weg.. eine Sorge weniger!
- Die Therapeutin kann mir mit der Essstörung momentan nicht helfen, solange ich täglich so einem Stress ausgeliefert bin. Meinen letzten Termin bei ihr, habe ich die ganzen 55 min nur geheult und mich bei ihr ausgekotzt. Sie hat mir eindringlich dazu geraten, den Job an den Nagel zu hängen, mich kündigen zu lassen oder selbst zu kündigen, sie würde mir das auch fürs Jobcenter bestätigen..
Zwischenstand:
Die Krankschreibung tut mir eigentlich gut. Körperlich geht es mir viiiiel besser. Allerdings ist seelisch noch lange nichts in Ordnung.
Ich esse weiterhin aus Frust, ich schlafe sehr viel, nachts dafür kaum oder dann unruhig, kann mich immer noch nicht aufraffen, viel im Haushalt bleibt liegen, habe Zukunftsängste, entwickle gerade leichte Kaufzwänge, .. komme einfach mit dem Arsch nicht hoch.
Meine eigenen Qualitäten finde ich nicht wieder.. ich war mal so gut in vielen Dingen. Aktuell sehe ich mich in 5 Jahren nirgendwo. Ich weiß nicht, was ich beruflich machen soll. Will ich was Neues beginnen? Wenn ja, was? Will ich in meinem jetzigen Beruf bleiben? Wenn ja, bekomme ich da überhaupt was? Kenne ich mich da überhaupt genug aus, um in einer anderen Firma in dem Bereich zu arbeiten? Kann ich überhaupt irgendwas? Genau genommen sehe ich mich mit 11-jährigen Kindern, immer noch zu Hause auf dem Sofa sitzen. Trübsal blasend, nicht wissend, wohin mit mir und meinem Leben, .. alleine..
Abschließend sei gesagt, dass ich aktuell nur noch Lebe, weil meine Kinder der Klebstoff sind, der mich zusammen hält. Wären sie nicht, wäre ich nicht mehr!
Geht es dir ähnlich? Bitte hole dir Hilfe, solange du noch kannst! Mache dir Termine! Die nimmt man eher war, als Dinge, die man immer wieder aufschieben kann! Mit Depressionen ist echt nicht zu spaßen! Und: Je länger du wartest, um so schwieriger kommst du da wieder raus!
Hast du Kinder? Deine Kinder spüren das auch. Hol dir die Hilfe für deine Kinder, wenn du dir, wie ich mir, nicht mehr genug wert bist. Hast du keine Kinder, finde andere Personen, für die es sich zu kämpfen lohnt!